Zwei Teile einer Geschichte, die sich ergänzen, hier ist einer davon.
„Kate? Pass auf dich auf und flieg vorsichtig!“, sagte mein Freund noch etwas besorgt. Ich nickte. „Tschüss Mama!“ Ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen schossen und gab meiner Tochter Molly noch einen letzten Kuss. Die Tür fiel zu. Ich konnte mir vorstellen, was für Sorgen sich meine Tochter, die gerade mal sieben Jahre alt ist, machen musste, wenn sie ihre Mutter verabschiedete, bevor sie den Planeten verlassen würde. Klingt komisch, nicht? „Den Planeten verlassen würde…“ Ich stieg in meinen Käfer. Den hellblauen Oldtimer schenkten mir meine Eltern zum 18. Geburtstag. Das ist jetzt auch schon ganze 11 Jahre her. Ich blickte noch ein letztes Mal auf das Klingelschild, auf dem mein Nachname stand. „Familie Hastings“, las ich und kurz danach sprang auch schon der Motor an. Auf der Fahrt dachte ich darüber nach, was passieren würde, wenn ich meine Reise antreten würde. Wie lange würde ich im All schweben? Würde ich Neues entdecken?
In zwei Stunden würde meine Maschine losfliegen. Gegen 9:00 Uhr kam ich am Raketenstartplatz an, denn um 10:30 Uhr sollte ich starten. Mrs. Grace kam auf mich zu und schüttelte meine Hand. Sie trug schon ihren Astronautenanzug, da sie mit mir zusammen in das endlose Universum fliegen würde.
Ich bekam nochmal den Durchlauf des Starts erklärt um sicher zugehen, dass ich nichts vergessen würde. Die Ärzte führten noch ein paar Tests durch, mir wurden Notfallpläne ausgehändigt und Lebensmittelpäckchen in meine Fächer gelegt und gezeigt. Ein Mann mit Uniform kam mir entgegen, und wies mich darauf hin, dass ich meine Arbeitskleidung anziehen solle, denn in 20 Minuten sollte ich in der Rakete starten. Natürlich zog ich mir meinen dunkelblauen Ganzkörperanzug an. Ich wurde in die Rakete namens MR-06 begleitet und für den Start festgeschnallt. Nun waren wir alleine. Mrs. Grace und ich. In diesem Moment wurde mir klar, dass es kein Zurück gab und, dass ich Alles verlieren könnte, wenn irgendetwas schiefgehen würde. Mir wurde klar, dass ich meine Kinder vielleicht nie wieder sehen würde.
Uns wurde der Start angesagt. „3…“, ich atmete ein. „2…“, ich atmete wieder aus. „1…“, mir gingen so viele Sachen durch den Kopf. Ich dachte an alles, was ich schon erlebt hatte. Ich dachte daran, wie schnell das Leben weiter ging und wie weit ich bald von meiner Familie entfernt sein würde.
Wir erreichten die Endgeschwindigkeit von 28.000 Stundenkilometern. Nach 100 Kilometern trafen wir in die Umlaufbahn der Erde ein. Ich fühlte mich unsicher und einsam. Meine Partnerin und ich sollten einen Planeten als erste Menschen betreten. Niemand vor uns hat jemals einen Fuß auf diesen Planeten gesetzt. Der Planet nennt sich „Mars“.
September 2002, im Jahr 2003 war der Mars der Erde so nah wie noch nie. 56 Kilometer Entfernung, eine Rakete und zwei Astronautinnen. Wir flogen jetzt los, um im nächsten Jahr dem Mars so nah wie möglich zu sein. Mir wurde schlecht, bei dem Gedanken, wie viele Menschen bei dem Versuch den Mars zu betreten gescheitert sind. Mein Vater war einer dieser Personen. Der Kontakt zu seiner Maschine brach 1999 ab, durch eine Fehlfunktion des Computers in seiner Rakete. In der Zeitung wurde auch über ihn berichtet. Er wurde mit 53 als „Vermisster aus dem All“ gemeldet und schließlich 2001 für tot erklärt. Meine Mutter starb zwei Monate später an Krebs, denn dieser wurde zu spät festgestellt und hatte sich schon im ganzen Körper ausgebreitet. Meine Tochter Molly hatte das alles nicht wirklich mitbekommen und lebt jetzt mit meinem Mann, also ihrem Vater Caleb, alleine in unserem Haus. Caleb hat den Kontakt zu seiner Familie abgebrochen, da sie nicht akzeptieren wollten, dass er jetzt sein eigenes Leben hat und eine Familie gründete. Sie sagten, er wäre noch viel zu jung und noch nicht bereit um ein Kind groß zu ziehen.
14 Monate später
November 2003, heute sind wir in der Umlaufbahn des Mars angekommen. Jenny, also Mrs. Grace (wir duzten uns inzwischen) und ich aßen zu Abend. Tortellini und zu trinken gab es Wasser. Heute war ein besonderer Tag. Jenny wurde 40 Jahre alt. Das war ein besonderer Anlass, deshalb gab es heute sogar einen Nachtisch. Eingelegte Mandarinen, die natürlich auch aus der Tube kamen. Die Zeit verging irgendwie so schnell, dass ich denken könnte es wäre gestern gewesen, als Jenny 39 Jahre alt wurde. Wir genossen unsere „Mandarinen“, bis wir plötzlich ein Signal eines anderen Raumschiffes namens RR-07 bekamen. Es sollte nur ein paar Kilometer entfernt sein. „Nein, das kann gar nicht sein! Das Signal muss falsch sein!“, rief ich mit gemischten Gefühlen. „Warum das kann es nicht sein?“, fragte Jenny. „Kate?“, fragte sie noch einmal, nachdem ich ihr nicht antwortete. „Das ist der Name des verschwundenen Raumschiffs meines Vaters…“ Ich konnte es nicht fassen. Das war nicht möglich. „Das muss ein Fehler sein!“, rief ich verwirrt. Jenny versuchte mich zu beruhigen und wir kamen zu dem Entschluss zu versuchen, näher an das Raumschiff zu kommen. Wir kamen immer näher und auf einmal sah ich es. Die Maschine meines Vaters Peter. Seine Maschine fing an Lichtzeichen zu geben.
Wir kamen am Raumschiff an, als ich ihn schon mit seinem Astronautenanzug außerhalb seiner Rakete sah. Ich konnte es nicht realisieren. Es war tatsächlich mein Vater. Ich dachte, ich träume, denn er sollte doch tot sein?! Wir koppelten die beiden Raumschiffe aneinander und öffneten die Türen der Schleuse. Wir fielen uns sprachlos in die Arme. Wir beide fingen an vor Glück und Fassungslosigkeit zu weinen. Wir erzählten uns so viel. Unter anderem, was mit seiner Frau, also meiner Mutter geschah, aber auch wie es jetzt meiner Tochter und meinem Freund ging. Wir redeten mehrere Stunden und schliefen schließlich ein.
Zwei Jahre später
Mit Kaffee und Kuchen feierten wir unsere Marslandung, endlich wieder auf der Erde zu sein und unseren eigenen Zeitungsbericht einrahmen zu können. Meine kleine Tochter, mein Freund und natürlich mein Vater aßen glücklich den Erdbeerkuchen, den Molly und mein Vater zusammen selbst backten. „Nie wieder werden wir so lange weg bleiben!“, versprachen wir uns gegenseitig.
von Franka